Höchster Kreisblatt
09.09.2010

Wohin mit den Knirpsen?

Wenn Eltern 2013 Anspruch auf einen Betreuungsplatz haben, hat Hofheim ein Problem

Von Stefanie Liedtke
Die Kreisstadt wird es zwar schaffen, bis zum Stichtag die vorgeschriebene Betreuungsquote von 35 Prozent zu erreichen. Der Bedarf wird aber viel größer sein.

 

Hofheim
Die Stadt hat schon ordentlich Gas gegeben bei der Kinderbetreuung und einen nicht unerheblichen Teil der Mittel aus dem Konjunkturpaket für neue Krippenplätze ausgegeben: immerhin 1,3 von insgesamt 3,6 Millionen Euro.

Das wird aber bei weitem nicht reichen, wenn Eltern vom 1. August 2013 an einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Knirpse im Alter zwischen einem und drei Jahren haben. Denn während die vorgeschriebene Versorgungsquote von 35 Prozent in ländlichen Gebieten ausreichend sein mag, so gehen Experten für Ballungsräume «von einer tatsächlichen Nachfrage von mindestens 50 Prozent aus», wie Bürgermeisterin Gisela Stang (SPD) im Stadtparlament erläuterte. Sie hält diese Werte für Hofheim auch für durchaus realistisch.


Allerdings: Um für jedes zweite Kleinkind einen Platz anbieten zu können, müsste die Kreisstadt in nur drei Jahren die Zahl der Betreuungsplätze verdoppeln. Derzeit liegt die Versorgungsquote in Hofheim mit 277 Plätzen bei 25 Prozent. Nachbarkommunen wie Schwalbach (34 Prozent) oder Eschborn (46 Prozent) sind da schon deutlich weiter.

 

75 Bewerbungen, 20 Plätze
50 weitere Krippenplätze können in den nächsten Monaten besetzt werden – die Kindertagesstätte im Schlesierweg hat gerade ihre neuen Räume mit zehn Krippenplätzen fertiggestellt, und im Januar will die Johannesgemeinde im umgebauten Kindergarten an der Kurhausstraße 20 zusätzliche Kleinkinder aufnehmen. In der Pfarrgasse entstehen ebenfalls 20 neue Krippenplätze beim katholischen Kindergarten. Dass das noch lange nicht reicht, zeigt die Zahl der Anmeldungen: Allein für die 20 Plätze in der Kurhausstraße liegen schon jetzt 75 Anmeldungen vor.
Geplant sind 21 weitere Krippenplätze in der Kindertagesstätte Nord und 20 Plätze im Montessori-Kinderhaus, so dass Hofheim bis 2013 die vorgeschriebene Quote von 35 Prozent erreichen werde, berichtete Stang.

Kräftig geholfen hat dabei die neue private Kindertagesstätte von Oliver Wirfs mit ihren 40 Plätzen.

 

Wenn der Anspruch auf einen Betreuungsplatz aber tatsächlich im Gesetz festgeschrieben wird, dann hat die Kreisstadt ein Problem, und ein ziemlich großes noch dazu. Krippenplätze sind teuer, einfach so aus dem Boden stampfen kann man sie auch nicht. Und dass noch mal ein Privatmann auftaucht, der genug Spielgeld hat, um eine eigene Kindertagesstätte aufzumachen, das dürfte unwahrscheinlich sein. Hinzu kommt, dass es ja ohnehin an allen Ecken und Enden an Erziehern fehlt.
 

Das Land soll zahlen
«Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber in Anbetracht der Finanzlage der Kommunen und der aktuellen Diskussionen an der Rechtslage noch Veränderungen vornehmen wird», so Stang. Zudem läuft derzeit eine Grundrechtsklage des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, der sich auch die Kreisstadt angeschlossen hat (wir berichteten), mit der sich die Kommunen dagegen wehren wollen, dass ihnen die Kosten für die Schaffung zusätzlicher Krippenplätze aufgebürdet werden.
Die rechtlichen Schwierigkeiten sind jedoch nicht die einzigen. Schon jetzt spiele die Zahl der zur Verfügung stehenden Krippenplätze für junge Familien eine Rolle, wenn sie ein neues Zuhause suchten, wie Stang unterstrich. Angesichts des demografischen Wandels kann sich Hofheim eine verglichen mit Nachbarkommunen schlechte Versorgungsquote nicht leisten.